Ottilie und Philomena
Ottilie und Philomena
Ottilie und Philomena waren zwei Wäscheklammern, die eine
lila, die andere gelb. Ihr Arbeitsplatz war eine Wäscheleine im
Bügelzimmer eines großen Hauses am Rande des Dorfes. Nur
an schönen Tagen trug das Stubenmädchen den großen
Wäschekorb ins Freie, wo die beiden Kluppen - mit vielen
anderen - die schweren Wäschestücke so lange am Strick
halten mussten, bis sie getrocknet waren. An manchen Tagen
hatten sie Glück, und ihr Los fiel auf die Reizwäsche der Dame
des Hauses, die nicht nur ganz leicht zu halten war, sondern
auch schneller trocknete. Und dann war das Arbeitspensum von
Ottilie und Philomena für diesen Tag früher beendet.
Trotz allem ein trostloses Dasein, dachten sich die beiden schon
seit längerem, zumal auch ihre Kräfte langsam nachließen, und
es für sie immer anstrengender wurde, die nassen, schweren
Wäschestücke festzuhalten.
Und so beschlossen sie, abzuhauen. Sie warteten eine
Vollmondnacht zu Beginn des Sommers ab und rückten sich an
diesem Tag so zurecht, dass sie in dem Körbchen, in dem die
anderen Wäscheklammern dahindösten, ganz oben zu liegen
kamen. Zum Glück hatte die Perle des Hauses an diesem Tag
vergessen, den Behälter mit den Kluppen ins Haus zu tragen.
Und so konnten sie ungehindert aus dem Korb purzeln. Sie
stolperten förmlich über Stock und Stein ohne zu wissen, wo sie
waren und wohin es gehen sollte. Irgendwann jedoch schliefen
sie vor Erschöpfung ein.
Langsam erwachte am nächsten Morgen die Natur, und auch
Menschenstimmen waren zu hören. Irritiert von den vielen
Geräuschen um sie herum, bemerkten sie nicht, dass sie ein
kleiner Hund, der zu dem Haus gehörte, vor dem sie
eingeschlafen waren, längst ins Visier genommen hatte. Er
schien die Farbe lila zu bevorzugen, denn er schnappte sogleich
nach Ottilie. Philomena sprang ängstlich zur Seite und
beobachtete voll Sorge das Geschehen. Vorsichtig schob der
Hund Ottilie knirschend zwischen seinen Zähnen hin und her als
ob er eine geeignete Stelle suchte, um zuzubeißen. Denn das
bis heute unbekannte Spielzeug war ihm nicht ganz geheuer.
Doch plötzlich hielt er inne, schien die passende Stelle gefunden
zu haben und setzte zum Biss an. Gerade noch rechtzeitig
erwischte Philomena den Schwanz des Hundes und zwickte ihn
so fest, dass er Ottilie unverzüglich fallen ließ. Vor Schmerz
jaulend lief der kleine Hund davon.
Bügelzimmer eines großen Hauses am Rande des Dorfes. Nur
an schönen Tagen trug das Stubenmädchen den großen
Wäschekorb ins Freie, wo die beiden Kluppen - mit vielen
anderen - die schweren Wäschestücke so lange am Strick
halten mussten, bis sie getrocknet waren. An manchen Tagen
hatten sie Glück, und ihr Los fiel auf die Reizwäsche der Dame
des Hauses, die nicht nur ganz leicht zu halten war, sondern
auch schneller trocknete. Und dann war das Arbeitspensum von
Ottilie und Philomena für diesen Tag früher beendet.
Trotz allem ein trostloses Dasein, dachten sich die beiden schon
seit längerem, zumal auch ihre Kräfte langsam nachließen, und
es für sie immer anstrengender wurde, die nassen, schweren
Wäschestücke festzuhalten.
Und so beschlossen sie, abzuhauen. Sie warteten eine
Vollmondnacht zu Beginn des Sommers ab und rückten sich an
diesem Tag so zurecht, dass sie in dem Körbchen, in dem die
anderen Wäscheklammern dahindösten, ganz oben zu liegen
kamen. Zum Glück hatte die Perle des Hauses an diesem Tag
vergessen, den Behälter mit den Kluppen ins Haus zu tragen.
Und so konnten sie ungehindert aus dem Korb purzeln. Sie
stolperten förmlich über Stock und Stein ohne zu wissen, wo sie
waren und wohin es gehen sollte. Irgendwann jedoch schliefen
sie vor Erschöpfung ein.
Langsam erwachte am nächsten Morgen die Natur, und auch
Menschenstimmen waren zu hören. Irritiert von den vielen
Geräuschen um sie herum, bemerkten sie nicht, dass sie ein
kleiner Hund, der zu dem Haus gehörte, vor dem sie
eingeschlafen waren, längst ins Visier genommen hatte. Er
schien die Farbe lila zu bevorzugen, denn er schnappte sogleich
nach Ottilie. Philomena sprang ängstlich zur Seite und
beobachtete voll Sorge das Geschehen. Vorsichtig schob der
Hund Ottilie knirschend zwischen seinen Zähnen hin und her als
ob er eine geeignete Stelle suchte, um zuzubeißen. Denn das
bis heute unbekannte Spielzeug war ihm nicht ganz geheuer.
Doch plötzlich hielt er inne, schien die passende Stelle gefunden
zu haben und setzte zum Biss an. Gerade noch rechtzeitig
erwischte Philomena den Schwanz des Hundes und zwickte ihn
so fest, dass er Ottilie unverzüglich fallen ließ. Vor Schmerz
jaulend lief der kleine Hund davon.
-2-
Nur langsam nahm Ottilie nach diesem Schrecken wieder ihre
lila Farbe an, und etwas wackelig setzten die beiden Kluppen
lila Farbe an, und etwas wackelig setzten die beiden Kluppen
ihren Weg ins Ungewisse fort. Ameisen, Spinnen und Käfer
kreuzten ihren Weg, aber auch Bienen und Schmetterlinge
schienen sie zu begleiten.
Und gerade als sie vor Erschöpfung und Verzweiflung ihr
Abenteuer aufgeben und umkehren wollten, war Rettung in Sicht
in Form eines kleinen Teiches, der zum Ausruhen einlud. Sie
erfrischten sich mit dem kühlen Nass und suchten Unterschlupf
im Dickicht der Blätter am Rande des Wassers.
So dämmerten sie eine Weile dahin, bis sie von weiten eine
Schulglocke und fröhliche Kinderstimmen hörten. In der
Volksschule war Zeugnisverteilung, die Kinder schwenkten stolz
ihre Zeugnisse und machten sich beschwingt auf den Heimweg,
die Ferien vor Augen, als ein plötzlicher Windstoß Sabrina das
Zeugnis entriss und es in bedrohliche Nähe Richtung Wasser
blies. Mal lag es bereits im Gras, dann holte es der Wind wieder
und wirbelte es in die Höhe. Das Mädchen lief verzweifelt dem
Zeugnis hinterher und fing bereits an zu weinen, denn immer,
wenn es glaubte, das Papier erwischt zu haben, entführte es der
Wind aufs Neue.
Ottilie und Philomena lugten vorsichtig zwischen den
Grashalmen hervor stets in Sorge, wieder als Spielzeug
missbraucht zu werden. Doch diesmal sah es so aus als könnten
sie in einer schlimmen Situation behilflich sein. Ehe der Wind
nachließ, legte er Sabrinas Zeugnis direkt vor Ottilie und
Philomena ins Gras. Aus Angst, ein weiterer Windstoß würde
das wertvolle Stück Papier wieder durch die Luft und
anschließend ins nahe Wasser wirbeln, schnappten die beiden
das Zeugnis an zwei Enden und hielten es fest. Völlig außer
Atem kam das Mädchen gelaufen und traute seinen Augen nicht,
als es das Zeugnis unversehrt, gerettet von zwei
Wäscheklammern, erblickte. Behutsam gab es das kostbare
Papier, das lauter gute Noten enthielt, in die Schultasche und lief
heim. Zwischen Photos, selbst gemachten Zeichnungen und
Ansichtskarten bekam das Zeugnis, festgehalten von der lila
Ottilie und der gelben Philomena, einen Ehrenplatz an der Wand
über Sabrinas Schreibtisch.
kreuzten ihren Weg, aber auch Bienen und Schmetterlinge
schienen sie zu begleiten.
Und gerade als sie vor Erschöpfung und Verzweiflung ihr
Abenteuer aufgeben und umkehren wollten, war Rettung in Sicht
in Form eines kleinen Teiches, der zum Ausruhen einlud. Sie
erfrischten sich mit dem kühlen Nass und suchten Unterschlupf
im Dickicht der Blätter am Rande des Wassers.
So dämmerten sie eine Weile dahin, bis sie von weiten eine
Schulglocke und fröhliche Kinderstimmen hörten. In der
Volksschule war Zeugnisverteilung, die Kinder schwenkten stolz
ihre Zeugnisse und machten sich beschwingt auf den Heimweg,
die Ferien vor Augen, als ein plötzlicher Windstoß Sabrina das
Zeugnis entriss und es in bedrohliche Nähe Richtung Wasser
blies. Mal lag es bereits im Gras, dann holte es der Wind wieder
und wirbelte es in die Höhe. Das Mädchen lief verzweifelt dem
Zeugnis hinterher und fing bereits an zu weinen, denn immer,
wenn es glaubte, das Papier erwischt zu haben, entführte es der
Wind aufs Neue.
Ottilie und Philomena lugten vorsichtig zwischen den
Grashalmen hervor stets in Sorge, wieder als Spielzeug
missbraucht zu werden. Doch diesmal sah es so aus als könnten
sie in einer schlimmen Situation behilflich sein. Ehe der Wind
nachließ, legte er Sabrinas Zeugnis direkt vor Ottilie und
Philomena ins Gras. Aus Angst, ein weiterer Windstoß würde
das wertvolle Stück Papier wieder durch die Luft und
anschließend ins nahe Wasser wirbeln, schnappten die beiden
das Zeugnis an zwei Enden und hielten es fest. Völlig außer
Atem kam das Mädchen gelaufen und traute seinen Augen nicht,
als es das Zeugnis unversehrt, gerettet von zwei
Wäscheklammern, erblickte. Behutsam gab es das kostbare
Papier, das lauter gute Noten enthielt, in die Schultasche und lief
heim. Zwischen Photos, selbst gemachten Zeichnungen und
Ansichtskarten bekam das Zeugnis, festgehalten von der lila
Ottilie und der gelben Philomena, einen Ehrenplatz an der Wand
über Sabrinas Schreibtisch.