Der Wiesenblumenstrauß

Der Wiesenblumenstrauß

In einem kleinen Haus am Ende der Dorfstraße saß eine alte
 Frau und hatte nichts, worüber sie sich freuen konnte. Sie
 beklagte das so laut, dass es eine Biene, die kurz am Fenster
 Rast machte, hören konnte. Sie hatte Mitleid mit der armen Frau
 und beschloss eine Überraschung mit Hilfe der Blumen auf der
 nahe gelegenen Wiese.
Die erste Blume, die sie anflog, war eine Margerite am Rande
 der Wiese. Sie flüsterte ihr zu, was sie vorhatte, und schnell
 verbreitete sich die Idee unter allen Margeriten der Wiese. Nun
 flog die Biene fünf Margeriten weiter zu einer Glockenblume, die
 auch hellauf begeistert war von dem guten Einfall der Biene. Sie
 musste aber erst mit der schönsten und größten, drei Glocken
 höheren Blume sprechen. Die war sehr wohl einverstanden,
 wenn sie nur der Mittelpunkt sein durfte. Unermüdlich flog die
 Biene von einer Blumensorte zur andern, bis sie schließlich am
 Rande eines Feldes landete und auch Mohnblumen und
 Kornblumen für ihren Plan begeistern konnte.
Und ehe die Dämmerung hereinbrach, setzte die
 Blumenwanderung ein. Als Anführerin marschierte die große
 Glockenblume, in ihrer obersten Glocke die Biene, gefolgt von
 Margeriten, Klee, gelben und lila Sternchen, bis hin zu den
 Mohn-und Kornblumen.
Bald erreichten sie das Haus der alten Frau und fanden ein
 Fenster, das nur angelehnt war. Es war inzwischen dunkel
 geworden, doch der Vollmond tauchte ihren Weg in silbernes
 Licht.
Als sie das Zimmer erreichten, in dem die Frau schlief, erblickten
 sie auf ihrem Nachtkästchen ein großes Glas mit genügend Platz
 und Wasser für alle Blumen, die sich dieser Überraschung
 angeschlossen hatten. Schwupps rutschten sie der Reihe nach
 ins Glas, und nach einem kurzen Gerangel hatten schließlich alle
 ihren Platz gefunden. Denn jede wollte schließlich die erste sein,
 die die alte Frau nach ihrem Erwachen erblickte. Den Platz in der
 Mitte des bunten Blumenstraußes nahm, wie versprochen, die
 Glockenblume ein, in der es sich mittlerweile auch die Biene
 bequem gemacht hatte.
Endlich trat Ruhe auf dem Nachttisch ein, und alle erwarteten
 gespannt die leuchtenden Augen der alten Frau am nächsten
 Morgen.